Daumenregel des Game Thinking # 1 – Fokus auf die Superfans
Notch verlies sich weder auf Zielgruppenanalysen oder Marktrecherchen noch überschätzte er seine Fähigkeiten, ohne Feedback einen Spielehit zu entwickeln. Er etablierte schon sehr über eine enge Verbindung zu seiner Fanbase und nutzte ihre Anregungen als primäre Kompass für die Weiterentwicklung von Minecraft.
Außerdem gab die Fan-Community den Verkäufen von Minecraft unbezahlbaren Anschub – ohne in irgendeiner Form bezahlt werden zu müssen. Ohne einen einzigen Euro ausgeben zu müssen, erreichte Notch unzählige Menschen auf digitalen Kanälen.
Wenn Notch über Zielgruppen und Demographie nachgedacht hätte, wäre Minecraft niemals geboren worden. Mit Hilfe der Community wuchs die Spielerschaft inkrementell von Nerds zum Mainstream und überstieg schließlich alles, was bei Veröffentlichung des Prototyps für möglich gehalten wurde. Eine Marktanalyse hätte das Projekt wahrscheinlich schon vorher beerdigt.
Das Spielerlebnis ging nicht nur um das Spiel an sich, sondern auch und vor allem um das Gemeinschaftserlebnis. Menschen spielten für die Anerkennung von Gleichgesinnten UND das Vergnügen, neue Welten zu erschaffen.
Daumenregel des Game Thinking # 2 – Lass Dich schon für Deine Ideen bezahlen
Die erste, völlig unfertige, Version von Minecraft wurde mit 10 € bepreist und tatsächlich verkauft. Die Beta-Version kostete auch stolze 20 €.
Das Spiel bereits so früh kostenpflichtig zu machen, beeinflusste Notch auf zwei Wegen. Erstens hatte es direkten finanziellen Einfluss: Der Cash-Flow reichte immer aus, um selbstfinanziert zu bleiben. Es deckte die Entwicklungskosten, bezahlte die Miete und das Essen des Gründungsteams. Diese finanzielle Unabhängigkeit sicherte auch die Qualität des Spiels. Das Team traf Entscheidungen nicht mit Blick auf die Bedürfnisse von drängelnden VCs, sondern nur mit Blick auf die Bedürfnisse der Community.
Außerdem war der Businessplan von Minecraft schon sehr früh sehr fundiert. Man weiß erst, was man hat, wenn Menschen ihre Portmonees öffnen. Man bekommt für ambitionierte Ideen selten ehrliches Feedback. Menschen sagen eher „Mir gefällt Deine Idee“, um deine Gefühle zu schützen. Kaum jemand sagt „Für den Schmarrn würde ich nie etwas bezahlen. Jeder der das kauft ist entweder eng mit dir Verwandt oder dumm“, um dich davor zu schützen, Zeit und Geld in ein lächerliches Unterfangen zu investieren.
Daumenregel des Game Thinking # 99 – Erschaffe eine spielende Organisation
Eine spielende Organisation schafft eine Umwelt, in der Mitmacher ihr volles Potential entfalten können, in dem sie sich Problemen immer spielerisch nähern. Mohjang hatte ein paar Eigenschaften von Playful Organizations: Jeden Freitag durften alle Menschen bei Mohjang entweder Videospiele spielen oder an eigenen Projekten arbeiten, die nichts mit Minecraft zu tun haben. Das Management organisierte auch regelmäßig kreative Breakouts und Teamevents.
Und für eine Zeit motivierte diese Kultur auch den größten Teil des Teams, aber diese Kultur hatte auch negative Aspekte: Spiel und Sinn (neudeutsch Purpose) wurden missbraucht, um eine Bezahlung durchzudrücken, die von vielen als unfair betrachtet wurde. Mitarbeiter hatte die Möglichkeit, am größten Spiel aller Zeiten mitzuarbeiten und bei spektakulären Events dabei zu sein. Aber alles war immer vom Gutdünken der Unternehmensführung abhängig. Es gab keine vertragliche Grundlage.
Und das widerspricht (meinen) Ansprüchen an eine spielende Organisation: Hohe Mitarbeiterbeteiligung sowohl finanziell als auch bei strategischen Entscheidungen.