
Matschküchen, Pinterest und Prototyping
Ein unschuldiger Kinderwunsch, hohe Erwartungen und was man daraus über Prototyping lernen kann.
Wir werden als kreative Genies geboren. Die meisten von uns verlieren diese Fähigkeit beim Erwachsen werden. Das sagt zumindest die NASA. Kann Spielen Erwachsenen helfen, kreativer zu werden?
Bereits 1968 hat die NASA einen Test entwickelt, mit dem die kreativsten Mitarbeiter und Bewerber herausgefiltert werden sollen. Der Test war erfolgreich: Die zwei Prozent der Mitarbeiter, die im Test sehr gut abschnitten, haben sich auch beim Lösen von unbekannten Problemen als wertvolle Teammitglieder bewiesen. Die Ergebnisse waren so überzeugend, dass sie neuen Fragen aufgeworfen haben: Warum sind die Mitarbeiter so kreativ? Wo liegen die Wurzeln von Kreativität. Der Test wurde in einer Studie mit einem repräsentativen Sample von 1600 Kindern wiederholt. Das Ergebnis war erstaunlich: 98% der fünfjährigen Kinder sind im Test extrem erfolgreich und fallen in die Kategorie der kreativen Genies. Im Laufe des Erwachsenwerdens fällt diese Rate in den verschiedenen Altersklassen bis schließlich nur noch zwei Prozent übrig bleiben.
Die Ursachen dafür sind unklar. Manche machen unser Schulsystem verantwortlich, andere gehen von einem natürlichen Prozess bei der Entwicklung des Gehirns aus.
Wir sind Game Thinker. Wie Kinder lieben wir Spiel. Für uns stellt sich intuitiv die Frage: Hilft es der Kreativität von Erwachsenen, wenn sie mehr spielen? Intuitiv beantworten wir diese Frage mit „Ja, natürlich!“ Ein Narrativ, dass sofort unsere Filter passiert und an unsere Werte andockt. Das ist gefährlich und Grund genug, einen Tag in die Recherche bei Google-Scholar zu stecken.
Das Ergebnis lautet: Spiel bei Erwachsenen fördert nicht absolut sicher kreatives Denken, aber es ist ziemlich wahrscheinlich.
Für kreatives Denken ist es notwendig, eingeübte Denkmuster (mental model) zu verlassen. Es gibt definitiv Menschen, die dies können, ohne regelmäßig zu spielen. Beim Spielen gelten aber Rahmenbedingungen, die nur in diesem Moment relevant sind. Im Moment des Spiels wird der Spieler so gezwungen, außerhalb seiner bestehenden Denkmuster zu denken. Regelmäßiges Spielen übt dies ein. Es ist wahrscheinlich, dass diese Fähigkeit auf andere Situationen, z.B. bei der Arbeit übertragen werden kann.
Verschieden Kreativitätsforscher haben einen starken Zusammenhang zwischen dem Ausmaß, in dem Menschen als Kinder „etwas vorspielen“ (pretense oder pretend play) und ihrer Fähigkeit, als Erwachsene kreativ zu denken nachgewiesen (siehe Quelle 1). Eine Banane als Telefon zu verwenden übt also in erster Linie nicht ein, wie man später gut telefonieren kann. Es übt stattdessen ein, sich von der unmittelbaren Realität zu lösen und auf neue Ideen zu kommen.
Eine weitere Studie hat gezeigt, dass sich Menschen in Kreativberufen als viel spielerischer (playful) betrachten als der Durchschnitt der Bevölkerung (siehe Quelle 3).
In anderen Studien wird nachgewiesen, dass ein starker Zusammenhang zwischen Humor bzw. Lachen und Kreativität herrscht (siehe Quelle 4). Wer also – wie beim Spielen – in einer heiteren Stimmung ist, kommt auf bessere Ideen.
Außerdem erhöhen eine stärkere Bindung in Gruppen und sicherheitsgebende Routinen, die Fähigkeit, in Gruppen kreativ zu sein (siehe Quelle 2). Kreative Phasen im Team regelmäßig mit kooperativen Spielen zu beginnen, ist durchaus ratsam.
Es bleiben für mich aber grundsätzliche Fragen offen:
1. Erhöht Kreativitätstraining im Allgemeinen die Kreativität?
2. Ist Spielen Kreativitätstraining?
3. Hilft diese Kreativität dabei, konkrete Probleme im Arbeitsalltag zu lösen?
4. Oder müssen Fähigkeiten zur kreativen Problemlösung getrennt voneinander geübt werden, z.B. für mathematische, räumliche oder verbale Probleme?
Ich bleibe meiner These „Regelmäßiges Spielen hilft Erwachsenen dabei, kreativer zu denken.“
Die wichtigsten praktischen Fragen sind aber:
1. Welche Spiele fördern die Kreativität am stärksten?
2. Helfen diese Spiele nur auf individueller Ebene oder auch, um Gruppen kreativer zu machen?
3. Wie können diese Spiele in den Arbeitsalltag eingebunden werden?
1. The origins of creativity von Elizabeth Picciuto and Peter Carruthers.
2. Ideas are Born in Fields of Play: Towards a Theory of Play and Creativity in Organizational Settings von Charalampos Mainemelis und Sarah Ronson.
3. Childhood Playfulness as a Predictor of Adult Playfulness and Creativity: A Longitudinal Study von Aleysha Kirsten Casas.
4. Play, Playfulness, Creativity and Innovation von Peter Bateson.
5. Der TEDx-Talk vom Erfinder des NASA-Tests
6. Der Artikel, der mich auf den Test aufmerksam gemach hat.
Ehemaliger Business-Kasper | Ausgewildertes Spielkind
Ich bin Game Thinker, Consultant und fanatischer Anhänger der Theorie Y. Meine Frau findet mich unfreiwillig komisch. Maximal 2 von 100 Menschen werden in Gesprächen mit mir dümmer.
Co-Founder von Monokel Consulting, Serious PlayScape und RokaEnergy.
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Nutzerzentrierung ist immer noch hip. So wie zu Zeiten von Walter Ulbricht „rede doch mal mit Deinen Kunden“. Natürlich nicht dort wo Walter Ulbricht Chef war, aber das ist ein anderes Thema. Allerdings gibt es ein Problem: Nutzer oder Interviewpartner aus einer Zielgruppe lügen wie gedruckt: Zu ihren Dienstleistern, zu professionellen Interviewern und vor allem zu sich selbst.
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Canvas‘ sind beliebt. Games auch. Ich bringe beides zusammen. Welche Fragen kann oder sollte man sich stellen, wenn an einem Game arbeitet. Der/die/das Gamification/Game Thinking/ Serious Games Canvas kommt mit allen Stärken und Schwächen, die jedes Canvas so bietet.
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