prototyping game thinking killer

Prototyping ist für gnadenlose Killer

Warum viele Unternehmen das Potential von Prototyping nicht voll ausnutzen

Hurra, Prototyping wird immer beliebter. Selbst in Unternehmen und Behörden mit der Reputation eher behäbig zu sein werden inzwischen fleißig Prototypen gebaut.

Die Organisationen nutzen Prototyping, um schnell zu lernen und Produkte näher an den internen und externen Nutzern zu entwickeln. Tatsächlich wird viel schneller mit der Umsetzung begonnen und die Zeit von der Idee zur Verwirklichung wird drastisch verkürzt. Die Entwicklungsteams gewinnen dadurch schon sehr früh valide Daten über Nutzerwünsche sowie technische Herausforderungen und Lösungsmöglichkeiten.

Trotzdem nutzen die Unternehmen das Potenzial von Prototyping nicht aus. Wie die beiden Liebenden im unsagbar schlechten Film „Die blaue Lagune“ kleben Sie an Ihren Ideen als würde es nur einen einzigen verbleibenden Sexualpartner auf der Welt geben. Oder für die Katholiken unter uns: Verliebt, verlobt, verheiratet. Es gibt zum Beispiel Design-Thinking-Workshops mit zahlreichen Ideen, aus denen dann ein Favorit in die Umsetzung geht. Dort geht es dann vom groben Prototyp zum MVP und letztlich zum ersten offiziellen Release.

Aber Prototyping hat neben der Aufgabe, Produkte auf dem Weg von der Idee zur Veröffentlichung zur Fertigstellung zu verbessern, eine weitere Aufgabe: Die guten von den schlechten Ideen trennen. Hypothesen bestätigen oder eben auch widerlegen.  Aber ich habe es zu selten erlebt, dass Ideen komplett beerdigt werden. Prototyping wird nur für die inkrementelle Verbesserung eines Produkts verwendet, nicht um den Stecker zu ziehen.

Das hat unter anderem eine Ursache: Egal wer die Idee hatte, wer bei der Umsetzung „scheitert“, bekommt den schwarzen Peter zugeschoben. Zu selten sieht man einen negativen Test nach dem Prototyping-Sprint als Erfolg: Hurra, wir haben viel Geld gespart und sind sehr früh und schnell gescheitert. Stattdessen wird eher zu wenig getestet und vor allem fehlt eine bewusste Entscheidung: machen wir weiter oder beenden wir hier.

Prototyping ist aber wie Liebe im Karneval: viel ausprobieren und schnell weiterziehen. Es braucht gnadenlose Killer und „Survival of the fittest“. Jemand muss die schwachen Lämmer von der Wiese tilgen. Das Motto lautet: „Kill your darlings.“Es muss viel mehr Ideen als Prototypen geben und viel mehr Prototypen als fertige Produkte.

Diese von Minder Chen geklaute Darstellung zeigt das Prinzip deutlich:  Protoype (and fail) early, prototype (and fail often).

anzahl protototypen

Über den Autor

Daniel Herrmann

Ehemaliger Business-Kasper | Ausgewildertes Spielkind

Ich bin Game Thinker, Consultant und fanatischer Anhänger der Theorie Y. Meine Frau findet mich unfreiwillig komisch. Maximal 2 von 100 Menschen werden in Gesprächen mit mir dümmer.

Co-Founder von Monokel Consulting, Serious PlayScape und RokaEnergy.

Mehr zum Thema Game Thinking lesen:

Game Thinking spielerisch die Welt retten

Spielerisch die Welt retten

Warum brauchen wir gerade in Zeiten der digitalen Transformation Playful Organizations, Economies und Societies? Wie uns spielen hilft, humane und wettbewerbsfähige Unternehmen und Gesellschaften zu erschaffen.

Weiterlesen
nasa kreativitätstest spiel erwachsene

Kreativitätstest der NASA

Die NASA hat in einem großen Test festgestellt, dass Kinder als kreative Genies geboren werden. Beim Erwachsenwerden, verlieren 98% von uns die Fähigkeit, kreative Höchstleistungen zu erbringen. Können wir unser Genie wiederbeleben, indem wir als Erwachsene mehr spielen?

Weiterlesen
Thesen trollen trompeten

thesen trolllen und trompeten #1 – Matthias Lenssen

Thesen, Trollen & Trompeten ist ein Austauschformat zwischen klugen Köpfen und mir, Daniel Herrmann.

Mein erster Dialogparnter ist Matthias Lenssen.

Er schreibt mit mir über Purpose, Coaching, Design Thinking und darüber wie man es mit seinem Gewissen vereinbaren kann, Geld von Konzernen zu nehmen, obwohl man sich eigentlich eine enkelfähige Welt wünscht.

Weiterlesen
parkinsonsche Gesetze

parkinsonsche Gesetze angst vor der digitalen transformation

Schon einmal gefragt, warum die Mitglieder des Vorstands so ungern über die digitale Transformation reden, aber dafür umso lieber über das Buffett auf der Weihnachtsfeier? Oder in diesem Jahr darüber, ob die wegen Corona eingesparten Kosten für das Buffett an die Mitarbeiter ausgezahlt werden?
Der Verwaltungsforscher Cyril Northcote Parkinson hat schon vor Jahrzehnten festgestellt, dass Entscheidungsgremien länger über Trivialitäten reden, als über komplexe Sachverhalte. Je weniger finanzielle Auswirkungen ein Thema hat, desto länger dauert die Diskussion darüber.

Weiterlesen